Mittwoch, 3. November 2010

Wiener Dompfarrer und der kuschelige Rosenkranz- ein Gastkommentar

Wie bereits mehrfach zu lesen war, hat sich der Wiener Dompfarrer Toni Faber missverständlich bis negativ über das Rosenkranzgebet und den Zölibat geäußert.

Mit Erlaubnis des Autors veröffentliche ich hier einen kath.net- Leserkommentar, der alles zusammenfasst, was es meiner Meinung nach zu diesem Thema/diesen Themen zu sagen gibt. Es freut mich, diesen hervorragenden Artikel hier zur Verfügung stellen zu dürfen.

Realität

Ich schreibe diesen Beitrag in der ausdrücklich Annahme, dass die Informationen über die Äusserungen des Wiener Dompfarrers, Herrn Toni Faber, zutreffen: als westeuropäischer Katholik, der mit Interesse die Entwicklungen in der kath.Kirche im deutschsprach.Raum,so, wie sie bei KathNet dargestellt werden, verfolgt, habe ich seit einiger Zeit begonnen, mich über die Kirche in Österreich zu wundern, in der es sehr weit auseinanderliegende Pole zu geben scheint, von den einen, die orthodoxen katholischen Glauben behalten und aktiv gestalten, bis hin zu jenen, die die Kirche auf Wege führen möchten, die offensichtlich nicht den Vorstellungen der EINEN universalen kathol. Kirche entsprechen, sondern eher ihren persönlichen Vorlieben.

Es stimmt, dass wir in einer Zeit leben,der das Heilige als Begriff und als tiefes persönliches Erleben abhanden gekommen zu sein scheint, es stimmt, dass wir in einer Demokratie leben, in der man sich selbst verwirklichen kann, in der man mehr als anderswo mit seinen eigenen Fähigkeiten und Ansichten und aus eigener Autorität ans Licht der Welt treten kann, in der man das Gefühl erwerben kann, man sei selber autonom genug, um zu bestimmen, was des Glaubens wert ist und was nicht, in der man auf Grund dieser Selbsteinschätzung zu der persönlichen Schlussfolgerung gelangen kann, man könne zwar eine Autorität -wie bisher- als solche anerkennen, im übrigen aber eigene Wege gehen, da es dieser Autorität offensichtlich misslinge, die Realität, so wie sie ist - oder so, wie sie zB Herrn Pfarrer Faber erscheint, zu erkennen.

Herrn Faber, der sich selbst so darstellt, als anerkenne er noch dem Mund nach, was er in Wirklichkeit bereits ablehnt und nach eigenem Gutdünken umzugestalten denkt.Die Autorität in der kathol.Kirche ist aber keine beliebige, sie wurde dem ersten Jünger Jesu von diesem persönlich übertragen und ist deshalb für die kathol.Kirche unhinterfragbar legitimiert. Für immer. Diese Autorität, der Papst, steht an der Spitze einer Institution, die wie keine andere in der Gesellschaft, in der sie wirkt, jahrhundertelang verwoben war und noch ist, und die auf einen Schatz an Erfahrung im Umgang mit menschlichem Wesen und seinen Verwirrungen zurückgreifen kann, wie kaum eine andere Religion oder übergreifende Einrichtung dieser Welt.

Es ist daher sehr unbedacht, hier eine "Realitätsverweigerung" zu postulieren, es sei denn, der Dompfarrer von Wien meint mit diesem Begriff den Widerstand, den die kathol. Kirche den Widersprüchen und zunehmenden Entgleisungen, die unsere westliche Gesellschaft dem christlichen Sittengesetz entgegenbringt.

Der im Laufe der Kirchengeschichte entstandene Zölibat gehört mit zu den Realitätsproblemen, die der Dompfarrer einer großen, angesehenen Kathedrale Europas mit der katholischen Kirche hat. Er betrachtet ihn als ein Auslaufmodell.Wenn die Kathol.Kirche der Ort ist, dem im Laufe der langen Zeit ihres Bestehens und in der Entfaltung ihrer Lehre -ich bin kein Theologe- nichts anderes eingefallen sein sollte, als eine zunächst jahrhundertelang gültige und geschätzte und bewährte Lebensform zu entwerfen, um sie dann hinzuschmeißen, dann, wenn wir mit unserer Gesellschaft in ein Stadium ihrer Entwicklung eingetreten sind, in dem -vorübergehend- die Sexualität mit ihren Wünschen an das Eigenleben menschlicher Wesen höher gestellt wird, das bisher der Fall war, dann müßte man an der Weisheit der Kirche zu zweifeln beginnen und dann müsste man die Legionen von Priestern, die im Eifer der Heiligkeit versucht haben, ein vorbildliches und uns alle beeindruckendes Leben der Keuschheit, ganz auf den Dienst an Gott und den anbefohlenen Gläubigen auszurichten, im Nachhinein wohl als Dummköpfe ihrer Zeit betrachten, als bemitleidenswerte Zeitgenossen, denen Wesentliches entgangen sei, nämlich ein Bett für zwei zu haben.

Dass kathol.Priester in unserer Sex- und Pornozeit es gewaltig schwer haben, weil sie auch aus Fleisch sind, wie wir alle, macht ihr Opfer eines echten, aus Überzeugung und aus Liebe zu Gott und den Menschen gelebtes und vorgelebtes Zölibat, zu einem bewundernswerten Akt. Dass die Kirche diesen Akt nach wie vor fordert, zeigt, welch höchsten Stellenwert sie der Person des würdigen Priesters einräumt. Es gibt ja, seit Luther, der mit dem Vorbild des Bruchs der Ehelosigkeit in unserem engeren Kulturkreis voranging, in den protestantischen Kirchen keine Priester, sondern Religionsverkünder- und Verwalter religiöser Angelegenheiten, Pastoren,die wie ich und du leben, auf andere Weise über sexuelle Probleme Bescheid wissen mögen und ihre Gottesarbeit verrichten. Die protestantische Entwicklung ist da, es gibt sie in Hunderten von Varianten weltweit und es ist jedem unbenommen, sich dieser Religionsform anzuschließen.

Ich bin der Meinung, dass es der Anstand, die Ehrlichkeit mit sich selber und die Glaubwürdigkeit der eigenen Person vor der Welt gebietet, dass jemand, der die Ansichten der Protestanten durch sein Verhalten, sein Denken oder seine Äusserungen gutheißt, der unter anderem auch von der Muttergottes, die den Katholiken hoch und heilig ist, so wenig hält, dass er sie eines Gebetes nicht mehr für würdig befindet und sich gar über das "kuschelige" Rosenkrankbeten lustig macht, selbstverständlich dorthin wechselt, wo sein Herz ihn hinzieht.

Nichts ist destruktiver, als wenn ausgerechnet ein hoher oder exponierter Vertreter einer Kirche, die sich ausdrücklich der Autotität des Papstes verpflichtet fühlt, plötzlich anfängt, diese Autorität selber in die Hand nehmen zu wollen, um sogenannte "eigene Wege" gehen zu wollen. Das sprengt die Einheit, das zerstört die Glaubwürdigkeit der Kirche insgesamt, das macht uns Katholiken zu Schießscheiben derer, die uns sowieso so gerne weghätten, weil wir den Hedonisten zuviel des Glaubens und zuviel der Moral vorsetzen. Dieser, dem Hochmut und der persönlichen Unbeherrschtheit entsprungene Anmaßung führt am Ende für alle zu einem bösen Ende.

Wohin die Ehen von Gottesleuten führen, das zeigt uns das Bild, das die Soziologen über die Zustände in Pastorenfamilien bis hinauf in bischöfliche Sphären liefern. Die Ehe hat bei Protestanten keinen Sakramentscharakter und der Anspruch "bis dass der Tod euch scheidet" ist dem relativen Verlauf der jeweiligen Beziehungen überlassen. Wie aber soll ein solcher Anspruch in einer imaginären kathol. Priesterehe durchgeführt werden? Auch katholische Priester und "Priesterinnen" werden in Ehen genügend Gelegenheiten finden, zu sündigen, zu streiten, sich zu entzweien, sich zu verlassen, sich zu trennen. Wird am Ende die kathol.Kirche für ihre Pfarrer dann auch noch die Scheidung, die Verteilung der Scheidungskinder etc einführen? Das ist nach kathol.Eheverständnis unmöglich.

Man müßte ein ganzes Sakrament abschaffen.

Ich will den Gedanken nicht weiter spinnen. Jedermann, der einigermaßen psychologisches Grundempfinden hat, weiß, dass die Bresche in ein Gesetz der Anfang des Auslaufens ist, der slippery slope ist nach meiner Meinung unerbittlich und unvermeidlich. Wir hätten dann irgendwann eine WischiWaschiKirche mit ganz alltäglichen Zeitgenossen, die zwischen Kanzel und Bett, zwischen Kindergarten und Altar. zwischen Streit im Haus und Predigt von Liebe und Friede in der Kirche hin und her gejagt wären, Zeitgenossen, die man sicher wegen ihrer Menschlichkeit, mit allem Respekt und auch mit Liebe und Zuneigung bedenken und auch als Freunde haben könnte, aber Priester, glaubhafte Vermittler der Botschaft Gottes, ausgezeichnet durch ihren uneingeschränkten Dienst an ihrem Gott und an den Menschen, könnten solche pastoralen Zeitgenossen für mich nicht mehr sein.

Dass uns soviele Priester fehlen, liegt nicht an der Lebensweise der Priester, nicht am Zölibat, sondern an der Spass- und Kundengesellschaft, die wir uns gemacht haben. Uns ihr immer noch mehr anzupassen, wie es vermeintliche Avantgardisten vom Shhlag des Dompfarrrers weismachen wollen, ist nicht nur eine Verleugnung -ein schlimmeres Wort vermeide ich- sondern macht Katholiken am Ende nur noch verächtlich, gerade in den Augen derer, die meinen, so süffisant auf sie herabschauen zu können.

Die Zeiten gehen weiter, lieber Dompfarrer, nach der Sexualrevolution kommt vielleicht eine andere, wer weiß. Die verheirateten Gottesleute in anderen Religionen werden wohl bleiben, und so finde ich, vereehrter Herr Dompfarrer, sollten sie uns unsere unverheirateten Priester neidlos, ja bewundernd überlassen. Gerade auch in einer Demokratie leben wir doch vom Reichtum der Verschiedenheit. Lassen Sie uns Katholiken verschieden sein. Lassen Sie uns, um es modern auszudrücken, unsere Identität. Lassen Sie sich nicht dazu hinrei0en, Teil der Zerstörung des geistigen Schoßes zu werden, aus dem Sie selber hervorgegangen sind, fallen Sie sich nicht selbst in den Rücken, sondern überlegen Sie bitte alles mit dem Ziel, den Katholiken keinen weiteren Schaden zuzufügen oder ziehen Sie, aus Respekt vor diesen, Ihre Soutane aus und wechseln Sie.

Ady-Michel Ruppert

2 Kommentare:

  1. So ist es!

    Es wäre wünschenswert, wenn Herr Faber diesen Kommentar in schriftlicher Form zugestellt bekommen könnte.

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  2. Ich habe den Artikel soeben an Hw Faber gesendet auf facebook.

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